Stell dir vor, du wanderst auf einem 1000 Jahre alten Handelsweg, der schon im Mittelalter Pilger aus ganz Nordeuropa nach Santiago de Compostela führte. Der Braunschweiger Jakobsweg folgt dem historischen Hellweg von Magdeburg bis Höxter und verbindet dabei 47 Pilgerkirchen, Klöster und Dome. Seit 2013 wurde dieser fast vergessene Pilgerweg Stück für Stück wiederbelebt und ist heute Teil der Via Romea Germanica – einer europäischen Kulturroute, die von Skandinavien bis nach Rom führt. Mit seiner abwechslungsreichen Route durch die fruchtbare Magdeburger Börde, das geschichtsträchtige Braunschweiger Land und die sanften Hügel des Weserberglands bietet er eine perfekte Alternative zu den überlaufenen spanischen Caminos.
- Start: Magdeburg (Dom)
- Ziel: Höxter (Kloster Corvey)
- Distanz: 270 km
- Anstieg: 2.100 m
- Abstieg: 2.050 m
- Höchster Punkt: 320 m (Elm-Lappwald)
- Niedrigster Punkt: 80 m (Wesertal)
- Dauer: 13-14 Tage
- Schwierigkeit: leicht bis mittel
- Beste Reisezeit: Mai bis September
Inhalte
Geschichte des Braunschweiger Jakobswegs
Die Wurzeln des Braunschweiger Jakobswegs reichen tief ins Mittelalter zurück. Bereits 1518 wurde in Braunschweig ein Pilgerführer gedruckt mit dem Titel “De overen vnd meddelen Straten van Brunswygk tho Su(e)nte Jacob in Galicien” – ein eindeutiger Beleg für die historische Bedeutung dieser Route. Der Weg folgt dem alten Hellweg, einer der wichtigsten Ost-West-Verbindungen des mittelalterlichen Deutschlands, die heute weitgehend der Bundesstraße 1 entspricht.
Ein besonders eindrucksvoller archäologischer Fund unterstreicht die Pilgertradition: 1835 wurden in Königslutter drei Jakobsmuscheln im Grab eines mittelalterlichen Pilgers entdeckt. Diese Muscheln sind ein seltener Beweis dafür, dass tatsächlich Pilger aus unserer Region den weiten Weg nach Santiago de Compostela auf sich nahmen. Die Deutsche St. Jakobus-Gesellschaft in Aachen hat den Weg 2013 offiziell als historischen Pilgerweg anerkannt, was seine Authentizität bestätigt.
Etappenübersicht
Etappe 1: Magdeburg – Barleben (18 km)
Start am imposanten Magdeburger Dom, dem ersten gotischen Kathedralbau Deutschlands. Der Weg führt aus der Stadt heraus durch die fruchtbare Magdeburger Börde nach Barleben.
Etappe 2: Barleben – Haldensleben (22 km)
Durch weite Felder und kleine Dörfer geht es weiter nach Haldensleben mit seiner historischen Altstadt und dem Roland.
Etappe 3: Haldensleben – Räbke (24 km)
Die Route führt durch die Colbitz-Letzlinger Heide, eines der größten zusammenhängenden Heidegebiete Mitteleuropas, bis nach Räbke.
Etappe 4: Räbke – Helmstedt (20 km)
Über die ehemalige innerdeutsche Grenze erreicht man Helmstedt mit dem Kloster St. Marienberg, einem wichtigen geistlichen Zentrum der Region.
Etappe 5: Helmstedt – Königslutter (16 km)
Eine kurze, aber geschichtsträchtige Etappe führt zum Kaiserdom Königslutter mit seinem beeindruckenden romanischen Kreuzgang.
Etappe 6: Königslutter – Braunschweig (25 km)
Durch den Elm, einen der schönsten Buchenwälder Norddeutschlands, geht es zur Löwenstadt Braunschweig.
Etappe 7: Braunschweig Stadtdurchquerung (12 km)
Ein besonderer Tag: Die Route führt zu sechs bedeutenden Kirchen der Stadt – Dom, St. Magni, St. Aegidien, St. Andreas, Brüdernkirche und Jakobs-Kapelle.
Etappe 8: Braunschweig – Groß Düngen (26 km)
Über Vechelde und durch die niedersächsische Börde erreicht man Groß Düngen am Rande des Hildesheimer Landes.
Etappe 9: Groß Düngen – Hildesheim (18 km)
Vorbei am Kloster Marienrode geht es zum UNESCO-Weltkulturerbe Hildesheimer Dom mit dem berühmten Tausendjährigen Rosenstock.
Etappe 10: Hildesheim – Alfeld (21 km)
Entlang der Innerste führt der Weg durch das Leinetal bis nach Alfeld mit seiner Fachwerkaltstadt.
Etappe 11: Alfeld – Kloster Amelungsborn (24 km)
Durch das Hügelland erreicht man das besterhaltene Zisterzienserkloster Niedersachsens – ein spiritueller Höhepunkt der Route.
Etappe 12: Kloster Amelungsborn – Holzminden (18 km)
Der Weg führt hinab ins Wesertal zur “Stadt der Düfte und Aromen” Holzminden.
Etappe 13: Holzminden – Höxter (22 km)
Die letzte Etappe folgt dem Weserradweg flussaufwärts zum Ziel: dem UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Corvey bei Höxter.
Interaktive Karte & GPS-Download
Der Braunschweiger Jakobsweg ist durchgehend mit der gelben Jakobsmuschel auf blauem Grund markiert. Die Ausschilderung ist größtenteils gut, wobei bei Magdeburg noch Lücken bestehen. Der GPS-Track des Braunschweigers Jakobsweg ist hier erhältlich.
Unterkünfte & Verpflegung
Die Unterkunftssituation hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Neben klassischen Hotels und Pensionen entstehen immer mehr spezielle Pilgerherbergen:
Pilgerherbergen:
- Pilgerherberge Veltheim (Ohe) in umgebautem Gemeindehaus
- Pilgerherberge Untermühle Räbke am Ortseingang
- Pilgerherberge Diekholzen (seit 2015)
- Pilgerherberge Lehndorf in Braunschweig
Weitere Übernachtungsmöglichkeiten:
- Kirchengemeinden bieten oft Übernachtung in Gemeinderäumen
- Private Pilgerquartiere bei Gemeindemitgliedern
- Hotels und Pensionen in allen größeren Orten
- Campingplatz in Räbke für Zeltpilger
Verpflegung: In den Städten Magdeburg, Helmstedt, Braunschweig, Hildesheim und Höxter ist die Versorgung kein Problem. In kleineren Orten solltest du dich vorab informieren, da Restaurants nicht immer täglich geöffnet haben. Für längere Etappen zwischen den Orten empfiehlt sich Proviant im Rucksack.
Vorbereitung & Packliste
- Training: Der Braunschweiger Jakobsweg ist auch für Pilgeranfänger gut geeignet. Die moderate Streckenlänge und das überwiegend flache Gelände erfordern keine besondere Kondition. Mit täglichen Etappen zwischen 16 und 26 Kilometern bewegt sich die Belastung im normalen Rahmen. Trotzdem schadet es nicht, einige Wochen vorher mit regelmäßigen Spaziergängen oder kleineren Wanderungen zu beginnen. So gewöhnen sich deine Füße an die Belastung und du findest deinen eigenen Rhythmus.
- Ausrüstung: Das wichtigste sind eingelaufene Wanderschuhe – niemals mit neuen Schuhen auf Pilgerschaft gehen! Eine Regenjacke und Regenhose gehören unbedingt ins Gepäck, denn in Norddeutschland ist Niederschlag ganzjährig möglich. Dein Rucksack sollte 35-40 Liter fassen und nicht mehr als 10% deines Körpergewichts wiegen. Für die einfachen Unterkünfte brauchst du einen Schlafsack und eine Isomatte. Ein gut sortiertes Erste-Hilfe-Set mit Blasenpflastern ist Gold wert, ebenso wie Sonnenschutz und eine Trinkflasche mit mindestens 1,5 Litern Fassungsvermögen. Ein Pilgerstab ist optional, aber viele Pilger schwören darauf als drittes Bein. Vergiss nicht, ausreichend Bargeld mitzunehmen, da in kleinen Orten oft keine Geldautomaten vorhanden sind.
- Pilgerpass: Damit weißt du dich in den Pilgerherbgen aus. Hier kannst du den offiziellen Pilgerpass kaufen, der für alle Jakobswege gültig ist. Er berechtigt dich zur Übernachtung in Pilgerherbergen und dokumentiert mit Stempeln deinen Weg. In allen Pilgerkirchen entlang des Weges kannst du dir deinen Stempel abholen – ein schönes Ritual und eine bleibende Erinnerung an deine Pilgerreise.
An- & Abreise
Anreise nach Magdeburg:
- Bahn: ICE-Bahnhof mit Direktverbindungen aus Berlin (1 Std.), Hannover (1,5 Std.), Leipzig (1,5 Std.)
- Auto: A2 (Hannover-Berlin), A14 (Leipzig-Magdeburg), Parkplätze am Dom vorhanden
- Flugzeug: Nächste Flughäfen: Berlin (BER) oder Hannover (HAJ), dann weiter mit der Bahn
Abreise von Höxter:
- Bahn: Regionalbahnhof mit Verbindungen nach Paderborn und Göttingen
- Bus: Gute Busverbindungen in der Region
- Weiterweg: Anschluss an den Westfälischen Jakobsweg
Etappenweises Pilgern: Die gute Bahnanbindung ermöglicht problemlos Wochenend-Etappen. Besonders Braunschweig und Hildesheim eignen sich als Zwischenstopps mit IC/ICE-Anschluss.
Nützliche Links
- Braunschweiger Jakobsweg Packliste – Checkliste für deine Ausrüstung
- GPS-Track Braunschweiger Jakobsweg – GPS-Datei für unterwegs