Kanarischer Jakobsweg auf Gran Canaria.
Kanarischer Jakobsweg?
Ja, den gibt’s.
Vom Leuchtturm, dem Faro de Maspalomas bis nach Gáldar. Einmal von Süden nach Norden quer über die Insel.
(Du kannst die GPX-Datei von dieser Tour hier herunterladen)
Und eine Compostela gibt’s auch. Dank einem päpstlichen Privileg der Canarios.
Inhalte
Tag 1 und 2 auf dem kanarischen Jakobsweg
Ankommen in Maspalomas.
Dort geht der Weg am Leuchtturm los. Am Ankunftstag erst einmal die Umgebung sondieren und am Sonntag im Templo Eucomenico El Salvador einen Pilgersegen abholen. Die deutsche Messe ist Sonntags um 11:15 Uhr mit anschließendem Frühschoppen.
Dann Einlaufen bei einem Strandspaziergang von Playa de Ingles nach Maspalomas mit Sonnenuntergang. Noch einmal schlafen und dann geht’s los.
Etappe 1 (Teil 1)
Start am Leuchtturm.
Der kanarische Jakobsweg verläuft zwischen Maspalomas und Gáldar.
Los geht’s am Leuchtturm von Mapaalomas, dem Faro, und zwar am besten kurz vor Sonnenaufgang. Dann kann man nämlich noch den Sonnenaufgang bewundern, bevor man am Strand entlang zum ersten Wegweiser des S-54 geht, dem ich auf dieser ersten Etappe gefolgt bin.
Er verläuft – vom Charco de Maspalomas, wo auch die Dünen sind – entlang des Barranco de Fataga, der als gemauertes Flussbett die ganze Stadt durch zieht.
Hey wer schlauer ist, nutzt den morgendlichen Schatten entlang des Flussbettes; Sonne bekommt man auf den folgenden fast 30 km dann noch genug.
Etappe 1 (Teil 2)
Der Barranco de Fataga führt bis an die Ortsgrenze und geht an einem Rondell in die Wildnis über.
Unter einer Straßenbrücke mit bemerkenswerter Graffiti hindurch geht es in die wüstenhaften Schlucht hinaus, wo man den zuverlässigen Wegweiser und einzelnen gelben Pfeilen folgen kann. Highlight ist ein alter Aquädukt, der immer noch Wasser führt. Das sollte man ebenfalls dabei haben um die 21 Kilometer durch die Schlucht bis San Bartolomé alias Tunte zurückzulegen, denn Schatten ist rar im Barranco und auch geübte Wanderer werden der Mittagssonne kaum entkommen.
Langezogene beharrliche Anstiege zehren in der Mittagssonne an den Kräften bis man auf Höhe von Arteara einen Abzweig zur Nekropolis von Arteara erreicht. Wer weiß, dass das ungeschulte Auge dort nur uniforme Steinhaufen entdecken kann, wird der Versuchung widerstehen, den groben Schuttweg in den Barranco hinabzusteigen und auf dem Weg Richtung Fataga bleiben.
Andernfalls geht es über spitze Steine zum Fuß des Barranco und dann wieder nach Arteara hinauf und weiter über teils giftige Anstiege über die andere Schulter der Schlucht nach Fataga, wo die örtliche Kirche Meilenstein und Ausgangspunkt für den dritten und letzten Abschnitt der ersten Etappe bildet:
Den Weg nach San Bartolomé oder Tunte, wie er in der Sprache der Ureinwohner hieß. Fortsetzung folgt …
Etappe 1 (Teil 3)
Auf dem Weg von Fataga nach Tunte geht es zunächst in den an dieser Stelle grünen Barranco, in dem auf Palmenhaine Zuckerrohrdickicht folgt.
Dann schraubt sich der Weg wieder in die Höhe auf staubigen Pfaden und steingepflasterten Wegen bis endlich Tunte in Sicht kommt und die Unterkunft und ein Teller heißes Estufado nicht mehr weit ist.
Etappe 2 (Teil 1)
Nach über 30 Kilometern und rund 1.000 Höhenmetern auf der ersten Etappe will der Körper erst einmal Ruhe, bevor er das OK für eine weitere Etappe gibt.
So führt der Weg am Morgen erst einmal in die Bar Quatro Esquinas, wo es nicht nur eine Tote-Erweck-Kaffee gibt, sondern auch den Stempel für das Credential und Wasser für den Weg.
Zurück zum Hauptplatz von Tunte überquert der Pilger zunächst die im Boden eingelassene Gedenkplatte für das Heilige Jahr 2021-22 und betritt dann die Jakobskirche des Ortes. Dort lugt der martialische Santiago Matamoros hinter den Säulen hervor, während auf der anderen Seite ein Banner die Pilger erinnert, dass diese Pilgerreise nur ein Sinnbild für die lange Lebensreise zu unserem barmherzigen Vater im Himmel ist.
Dann geht es den Wegweisern nach auf den Weg S-50 am örtlichen Friedhof vorbei bis zum Beginn des Jakobsweges in der Nähe eines Zementwerkes.
Sechzehn Kilometer und nocheinmal gut 1.000 Höhenmeter liegen nun vor dem Pilger bis Cruz de Tejeda und in meinem Fall bis zur Finca La Isa, die sich nochmal gut einen Kilometer tiefer an den Rand der Caldera schmiegt.
Doch zunächst geht es steil den Camino Real, den königlichen Weg, hinauf zum Cruz Grande. Der Weg ist mit groben Steinen gepflastert und mehr um den Weg gegen gelegentliche Regengüsse zu schützen als um dem Wanderer den Weg zu erleichtern.
Am Cruz Grande dann verkündet ein Wegweise, dass man nun bereits 3,5 Kilometer gestiegen sei und es nun nur noch 12 Kilometer bis Cruz de Tejeda seien.
Die haben es aber nochmal in sich, denn zunächst gilt es weitere 500 Meter zum den Höhen des Garañon empor zu steigen. Dafür wird das Auge aber mit einem Blick über Caldera und Barranco bis Maspalomas und zum Meer belohnt und darf sich an den Knospen einzeln verstreuter Mandelbäume erfreuen.
Zuletzt geht es nochmals in einen ausgesetzten Spitzkehren steil den Berg hinauf bis endlich die Höher erreicht ist und die Pinien des Garañon sichtbar werden.
Der schwerste Teil des Weges durch Wüste und Kraterhänge ist nun geschafft und Beine und Auge freuen sich nun auf die schattigen Pinienwälder.
Hat man den Aufstieg von Tunte zum Cruz Grande und weiter zu den Höhen des Garañon geschafft, liegen jenseits eines Lavafeldes die Pinienwälder zwischen Roque Nublo und Pico de las Nieves vor einem.
Der Blick zurück bis an die Küste lässt noch einmal den bisherigen Weg Revue passieren und dann verkündet auch schon bald ein Wegweiser an einer lauschigen Stelle, dass die Hälfte dieser Etappe geschafft ist.
Weiter auf alleengleichen breiten Waldwegen geht es nun bis zum Camp Garañon, einem Sport- und Erlebniscamp für Jugendliche. Dort bietet sich die Wahl direkt nach Cruz de Tejeda weiter zu gehen oder über den Roque Nublo, einem Wahrzeichen von Gran Canaria, nach Tejeda.
Hier zerfranse ich mich auf einem der vielen Wege und komme dann doch zur Degollata de Becerra, dem letzten Meilenstein vor dem Cruz de Tejeda, meinem Etappenziel, und einem der fantastischsten Aussichtspunkte auf der ganzen Insel:
Während im Westen das goldene Licht der Sonne den Roque Bentayga, einen heiligen Berg der Ureinwohner, in einen Schattenriss verwandelt, schweift das Auge weiter über das Panorama, das die Sicht über die ganze Caldera und das aus dem Dunst ragende Teneriffa freigibt.
So erreiche ich schließlich im goldenen Abendlicht auf engen staubigen Pfaden Cruz de Tejeda, während die Sonne vollends untergeht.
Mein Quartier, die Finca La Isa, die zu Fuß noch einmal eine Dreiviertelstunde entfernt ist, erreicht ich Dank zweier Engel in Gestalt eines Pärchens mit Auto per Anhalter: Nicht nur nehmen die beiden mich ein Stück mit, sie übernachten tatsächlich auch auf der Finca und fahren mich direkt vor die Haustür.
Pausentag
Nach der zweiten Etappe legte ich einen Pausentag ein.
Ich hatte schon geahnt , dass mir der gesamte Weg binnen dreier Tage zu viel sein würde. Fast zwei Jahre im Homeoffice hatten doch erheblich an der Kondition gezehrt.
Außerdem hatte ich mir als Unterkunft die Finca La Isa ausgesucht. Ein Berg-Hostel, das sich zwischen dem Ort Tejeda und dem Cruz de Tejeda in die Bergflanke schmiegt. Unter Wanderern und Bergsteigern kam eine herrliche Mischung aus Hippie- und Herbergen-Feeling auf.
Das Wetter hatte umgeschlagen und war nun nicht mehr heiß, sondern windig und kühl. Das gab einen guten Grund ab, in der „guten Stube“ der Finca bei Kaffee und Schachspiel zu chillen – im Schein eines Weihnachtsbaumes aus einer Agavenblüte.
Draußen sorgten die aufziehenden Wolken für immer neue magische Aussichten auf das ohnehin atemberaubende Panorama.
Als die Sonne unterging und die Wolken zum Glühen brachte, bekamen die zuvor müden Beine dann auch wieder Lust, sich auf die verbleibenden 21 Kilometer bis zur Jakobskirche in Gáldar zu machen.
Etappe 3
Nach meinen Pausentag ging’s gleich morgens in der Früh dick eingemummelt auf dem Weg.
Eine Dreiviertelstunde später war dann auch der Wegweiser zum Cruz de Tejeda wieder erreicht und kurz danach auch das markante Steinkreuz vor dem dortigen Parador.
Den Parador links liegen lassend begann auch schon der Aufstieg, über ein lehmiges, felsiges Etwas, das nur an Pfeil und Muschel als Weg erkennbar war.
Ein stürmischer Wind von der Küste trieb zuerst die Wolken, dann die Regentropfen waagrecht bei gefühlten null Grad über den Bergrücken, den es nur 200 m steil hinauf ging.
Doch dann war der Pinienwald erreicht, der Wind nicht mehr so stark zu spüren, und ich folgte den Wegzeichen bis zu einer Gabelung, an der eine Weihnachtskrippe aufgebaut war mit einer Schiefertafel und den Worten Friede und Liebe, Paz y Amor.
Die Bergschulter entlang ging es dann weiter auf schmalen lehmigen Pfaden und später Fahrstraßen bis dem ersten Meilenstein, der die frohe Botschaft verkündete, dass ich nun ungefähr ein Drittel des Weges zurückgelegt hätte.
Einige Stunden später gelangte ich zu einem der typischen Schilder, die in der Gegend um Gáldar die Autofahrer vor Pilgern warnen wie hierzulande die unseren vor einem Wildwechsel.
In der Ortschaft Hoya de Pineda gelangt ich kurz in die Zivilisation um kurz Zeit später hinter einem liegengebliebenen Auto einen diesmal grünen Barranco zu betreten.
Den Weg teilte ich mir mit einer Herde Schafe, für die der ausgesetzte schmale Weg eher gemacht war als für mich.
Schließlich wurde der Weg breiter, in der Ferne schon die Stadt sichtbar und auch das Meer.
Der Regen hatte inzwischen auch aufgehört, er hatte mich ja bereits durchnässt, und so machte ich mich langsam trocknend auf die letzten Kilometer.
Die Ankunft
Drei Tagen zuvor war ich bei Sonne und Hitze aufgebrochen, den ganzen Morgen und Nachmittag hindurch hatte ich Wind und Regen getrotzt und jetzt lagen – nach rund 60 Kilometer – endlich der grüne Barranco, in der Ferne die Stadt Gáldar und das Meer in der Sonne vor mir.
Die Gegend wurde noch einmal karger. Bald führte der Weg zwischen verlassenen Bananenplantagen hindurch.
Doch dann stieß ich auf den nächsten Meilenstein, der wie ein Freudenbote verkündete, dass es nur noch ein guter Kilometer bis zum Ziel sei.
Nicht lange danach bog ich auf die weihnachtlich geschmückte Hauptstraße in Gáldar ein. Mit ihrem dunklen Pflaster erinnerte sie mich an die Straßen von Santiago de Compostela.
Dann stand ich auch schon auf dem Kirchenvorplatz zwischen baumhohen Benjamini, die mit großen Lichterketten geschmückt waren: Immer noch durchweicht vom Regen, aber glücklich mein Ziel erreicht zu haben.
Die Kirche selbst war verschlossen, und nachdem ich sie einmal umrundet hatte, schaute ich mir in einem nahe gelegenen Gebäude die städtische „Krippe“ an, die mit vielen orientalischen Szenen einen ganzen Raum ausfüllte.
Dann stärkte und wärmte ich mich erst einmal in einer nahe gelegenen Gaststätte mit papas arrugadas und pulpo gallego.
Es war schon dunkel als ich zum Dreikönigsgottesdienst zum mittlerweile bunt erleuchteten Kirchenvorplatz zurückkehrte.
Die Porta Santa zum Heiligen Jahr war ebenfalls offen und fröhlich konnte ich hin durchgehen.
In der Jakobskirche wurde gebaut, was auch ein wenig an die Kathedrale von Santiago erinnerte. Ein Seitenaltar zeigte – befremdlich wie stets – den Hl. Jakobus als “Maurentöter”.
Langsam trocknend stand ich dann mit nun doch schmerzenden Füßen in der zugigen Kirche und feierte die Messe mit.
Im Gehen bekam ich gleich meine Urkunde (die doch keine echte Compostela war, aber egal), machte noch ein Selfie vor der Hl. Pforte und ging dann durch die bunt erleuchteten Straßen von Gáldar.
Ein Taxi brachte den müden Pilger zuletzt zu seiner Bleibe ins nahegelegene El Agujero, wo ich noch einen Tag blieb ehe ich nach einer Woche auf der Insel wieder in den Flieger nach Hause stieg.
Danke an Michael Stief für diesen Pilgerbericht.
Mehr über Michael findet ihr auf www.michaelstief.com