Vier Tage Eifel-Camino

Liebe Mit-Pilger,

heute möchte ich meine Erfahrungen, die ich auf dem Weg von Namedy nach Lutzerath gemacht habe, mit Euch teilen. Es waren, dass möchte ich vorab bemerkenfjako, vier, auf die ein oder andere Art, unvergessliche Tage, die mich durch Teile der Eifel führten, die ich wahrscheinlich nie mehr zu Gesicht bekommen werde, was aber teilweise auch gut ist.
Bevor ich zu den einzelnen Etappen gekommen, eine sehr kurze Zusammenfassung: Die ersten beiden Etappen pfui, die letzten hui.

1.Etappe von Namedy nach Kruft, ca. 19km

Meine Frau setzte mich in Namedy aus, wo ich mir bei Thomae sogleich meinen ersten Stempel holt. Stolz wie Oskar begab ich mich auf den Weg, der meinen Enthusiasmus sogleich etwas schmälerte, da er schlicht und ergreifend ekelig ist.

Er verläuft auf einer Asphaltpiste an der Bahnstrecke entlang, unter Brücken und runtergekommenen Industrieanlagen vorbei – Bäh!

In Andernach angekommen, wollte ich mir  im Kath. Pfarramt  Maria Himmelfahrt meinen zweiten Stempel holen – die hatten aber gerade zugemacht und  ließen sich auch nicht durch das zehnmalige Absingen eines Rosenkranzes dazu bewegen, kurz nochmal zu öffnen.

Mittlerweile weiß ich, dass man sich einen zweiten Stempel wohl auch an der Info-Zentrale des Geysirs abholen kann. So taperte ich also weiter in Richtung Miesenheim an Stadion, Schwimmbad und einer Mucki-Bude vorbei, aus der gerade zwei „bepackte“, orientalisch aussehende „Herren“ kamen, und mich mitleidig ansahen, um dann in ein 3er-BMW-Cabrio davozufahren. Manche Vorurteile kommen halt doch aus der Wirklichkeit.

In Miesenheim angekommen hatte ich mehr Glück, denn die Metzgerei Bartenbach hatte auf, bei Hr. Blaeser bin ich garnicht erst vorbei gegangen. Weiter ging es in Richtung Plaidt – mittlerweile bretterte die Sonne und ich war froh um meinen schwedischen „Fuchs-Hut“ Fjäll Räven, der  mir mit seiner breiten Krempe Sonnenschutz gab.

Hier machte es sich das erst mal bemerkbar, dass ich aus falsch verstandenem Geiz mir den Pilgerführer nicht mitbestellt hatte.

Ich hatte lediglich eine Karte des Vulkanparkes bei mir, die mich an Saffig vorbei nach Plaidt leitete – wahrscheinlich eine Abkürzung, aber egal.

In Plaidt angekommen, hatte natürlich hatte das Gemeindebüro zu. Aus Plaidt raus läuft eine sehr gerade Strecke an Feldern vorbei – ich hasse Asphalttreterei.

Vor Kretz angekommen, entschied ich wieder falsch – ich bog direkt nach links ab – ich hätte noch weiter bis zur nächsten Brücke gehen sollen. Das hatte zur Folge, dass ich einen weiten Bogen an einer Baumreihe gehen musste, was aber auch nicht weiter schlimm war – ich hatte ja Zeit. So erreicht ich dann nach ca 3 ½ Stunden mein erstes Etappen-Ziel Kruft, wo ich im Gasthof „Zum Hirsch“ einkehrte. Alles etwas im Stil der 70er, aber o.K. – ich schlief nach dieser ersten Etappe sehr gut!

2. Etappe von Kruft nach Mayen ca. 14,7 km (Gefühlt 30 km)

Nach dem Frühstück holte ich im Gemeindebüro meinen Stempel. Hier wurde ich darauf hingewiesen, dass  sich Stempelstellen auch im gegenüberliegenden Kaffee sowie im Pfarramt befinden.

Ich machte mich als auf den Weg, der an der B 256 vorbei führt. Ich entschied mich für die direkte Variante, und ließ Mendig außen vor.

Die Wallfahrtskirche Fraunkirch sowie das Gasthaus hatten geschlossen und damit auch kein Stempel – hier machte ich dennoch Rast, da die Ruhe und die Atmosphäre mir sehr gut gefielen. Weiter ging es in Richtung Reginarisbrunnen, an dessen Ende z.Zt. gebaut wird – die Verkehrsführung war leicht geändert.

Und hier begann mein Martyrium.

Ich entschied mich nach links in Richtung Thür zu gehen, um der Pilgerschnecke einen Besuch abzustatten. Die Löhrsche war allerdings nicht da und so bog ich auf B Haste nicht gesehen oder L Schlag mich tot ein. Ich ging weiter an der Straße, bis ich an eine labyrinthartig  erscheinenden  Straßenmäander kam – wohin jetzt? Kein Gehweg – nix. Nur Autos, die an mir vorbeischossen.

Ich entschied mich dann für die Variante durch das Mayener Industriegebiet hindurch. Laut vor mich hinfluchend suchte ich nach einem Wanderweg, den ich nicht fand. Ich ging also weiter an der Landstraße, bis ich die Ansiedlung erreichte.

Dort angekommen musste ich feststellen, dass mir ein Asphaltpuffer verloren gegangen war  – ich hatte nur ein Paar mitgenommen. Ich beschloss also, ohne Stöcke zu laufen und dem nächsten, der mir blöd kam, einen meiner Lekis in den Hals zu rammen.

Jetzt kann ich Kerkelings Erlebnisse auf der N6 nachvollziehen. Nach schier endloser  Asphalt-Latscherei , jetzt aber Gott sein Dank wieder mit Gehweg, erreichte ich den Maifelder Hof – meine Unterkunft.

Hier machte ich mich erstmal frisch und ging in Richtung Mayener Innenstadt.

In der Mayener Bücherstube besorgte ich mir erstmal den offiziellen Pilgerführer und einen Schlüsselanhänger mit bronzener Jakobsmuschel, den ich an meinem Rucksack befestigte. Zudem besorgte ich mir bei Intersport Krumholz neue Puffer. Immer noch mit etwas Wut im Bauch, in erster Linie ob der eigenen Unzulänglichkeit, holte ich mir alle drei Pilgerstempel hintereinander – Ha! – und ihr habt doch gesiegt – dachte ich.

Mit mir und der Welt wieder im Reinen schlief ich zufrieden und selig ein.

3. Etappe von Mayen nach Kaisersesch, ca. 19,3 km.

Ausgeschlafen und frisch labte ich mich an dem reichhaligen Frühstücks-Buffet, entrichtete meinen Zimmerobolus und zog in Richtung  Kaisersesch davon, nicht ohne meine hochdosierte Magnesium- und Mens-Health-Vitamim-Kapsel  geschluckt zu haben.

Das Magnesium nahm ich morgens und abends ein.

Die Strecke aus Mayen heraus fängt dann langsam an, anzusteigen.  Und dann geht’s hoch – und dass nicht zu knapp. Ich muss allerdings dazu sagen, dass mir kurze, steile Anstiege wenig ausmachen.

Die Mühe lohnte sich, denn von der Jakobussäule aus hat meinen wunderschönen Ausblick auf das Umland. Allerdings war es da oben so windig, dass ich mir erstmal meine Jacke herausholte, und diese auf Westenniveau demontierte.

Hier oben machte ich ca. 10min Rast -2158 km nach Santiago – also weiter. Die Strecke bis Monreal ist einfach traumhaft und entschädigte für die Strapazen von gestern. Man konnte vor sich hin wandern und Kilometer „fressen“.

In Monreal angekommen musste ich feststellen, dass das Cafe Plüsch wegen Geschäftsaufgabe geschlossen ist. Dann halt nicht!

Ich suchte die Pfarrkirche zur Heilgen Dreifaltigkeit auf, um hämmerte mir den Stempel in den Pass, so stark, dass bald das Stehpult unter mir nachgab – denn es gibt hier kein Stempelkissen.

In einem kleinen Eck-Cafe nahm ich einen Kaffee und eine Nußecke zu mir und ging weiter. Mit der offziellen Wegbeschreibung „Bahnhof-Sportplatz-Wiese“ ist das so eine Sache, denn ich hatte instinktiv eine Abkürzung genommen. Der Weg am Elzbach auf Eifel-Schieferweg ist einfach traumhaft.

Ich begegnete keiner Menschenseele, weder zu Fuß, zu Pferd oder zu Rad. Bei Herrn Schmitz in Urmersbach holte ich mir meinen nächsten Stempel und setze meinen Weg fort. Nach ca. 5 Stunden erreichte ich das Ziel meiner Etappe – die Pilgerstube in Kaisersesch.

4. Etappe von Kaisersesch nach Lutzerath, ca. 20km

In der Pilgerstube angekommen, entfernte ich erstmal in einer halsbrecherischen Aktion den unter dem Dachgebälk angebrachten Rauchmelder, und mache dem stetig vor sich hin piepsenden Nervtöter durch Entfernung der Batterie den Gar aus. Die Stube ist o.K. – für den, der auf viel Holz und altem Prüll in Form von Brätern, Töpfen, Unmengen von Kruzifixen und Herz-Jesu-Darstellung steht.

Mir war das etwas zuviel. Zumal lässt sich das Zimmer nicht verdunkeln, was mich um 5 Uhr aufstehen ließ. Am Abend zuvor hatte ich noch im „Alt-Esch“ einen Spargelflammkuchen und zwei Weßwein-Schorlen genossen – Danke an Carina für den Tipp.

Am nächsten Morgen war ich also schon um 6:30 auf dem Weg, nachdem ich in erneuten Kletterpartie den Rauchmelder wieder funktionsfähig an seinen Platz verbracht hatte, – als hätte ich geahnt, was auf mich zukommt. Der Pilgerführer leitet einen aus Kaisersesch heraus an einem Hotel-Komplex vorbei, an dessen Ende man links in einen Waldweg abbiegen soll.

Das Problem z.Zt. besteht darin, dass dieser Weg gesperrt ist – dort wird gebaut. Irritiert von zwei Baggern, einem Aushubhügel und der Absperrung ging ich geradeaus über die Bahnlinie.

Nach einigen hundert Metern musste ich jedoch feststellen, dass ich genau an der Unterführung raus kam, durch die ich Tags zuvor nach Kaisersesch  gekommen war. Also zurück und am Hotel zu Lage sondiert. Todesverachtend  ignorierte ich die Absperrung und befand mich anschließend dann auf dem richtigen Weg – die Basaltsäule und die Muschel waren wieder da – Hurrah!

Der Weg führte mich anschließend durch ein schönes Waldstück in Richtung Leienkaul. Ich ging allerdings zunächst am Friedhof  Breitenbruck vorbei, da der im Führer genannte Waldweg durch einen Biomüll-Container versperrt war – Eifelbauern!

In Leienkaul ging ich wieder zurück, da das offenbar nicht richtig war. Ich zwengte mich am Container vorbei und war danach wieder auf dem richtigen Weg in Richtung  Maria Martental.

Der Weg hat es allerdings faustdick hinter den Ohren, da er durch den Regen aufgeweicht war und teils sehr steil abwärts geht. Ohne Wanderstöcke läuft hier ganix! In Martental angekommen, es war 8:25, stellte ich fest, dass der Klosterladen erst um 14:00 öffnet – Mümpf.

Nach einer Rast von ca. 25min setzte ich meine Wanderung  entlang des Endertbaches fort und überquerte die L 52, um dann wieder scharf links in den Waldweg einzubiegen. Bis zur beschriebenen Holzbrücke lief alles wunderbar. Nachdem ich diese überquert hatte, machte ich auf einer Bank nochmals kurz Rast, trank etwas, und „pfiff“ mir ein Täfelchen Dextro und etwas Studentenfutter rein.

Der Anstieg zur B259 war für mich die reinste Qual. Langgezogene Steigungen ertrage ich nicht sehr gut – hinzu kamen ständig diese Tiefflieger. Unterwegs musste ich mehrere Male durch schnaufen. Dann war es geschafft und Alflen war schnell erreicht. Warum schaffen die Alfler dass, was in Monreal offenbar nicht möglich war?

Ein Stempelkissen neben den Pilgerstempel zu legen? Danach ging es weiter nach Gillenbeuren – landschaftlich nicht sehr attraktiv. Ausgedehnte Felder, der Duft von Gülle in der Luft und am Wegesrand majestätisch anmutende Brennnesseln von zwei Meter Höhe – prächtige Flora!

Gillenbeuren war schnell durchschritten – danach kamen noch mal ein paar „liebliche“ Anstiege – eigentlich hatte ich da schon die Nase voll. Gott verdammte Anstiege! In Driesch angekommen folgte ich der Beschilderung zur Stempelstelle Mater Dolorosa.

Diese wird allerdings nach einem „myteriösen“ Brand zu Zeit saniert und die Stempelstelle ist auf unabsehbare Zeit geschlossen. Danach waren es nur noch ca. 2km bis zum Endpunkt meiner Etappe Lutzerath, wo ich mir in der Gaststätte Maas meinen letzten Stempel holte. Dann fiel ich auf einer der Bänke an der Hauptstraße und entledigte mich meiner Lowa Camino – ein wirkliches Prachtstück, die jetzt, nach ca. 75km, wohl eingelaufen sind.

Nachdem ich meine Füße in einem Brunnen gekühlt hatte und in meine Sandalen geschlüpft war, warte ich dann noch ca. 20min auf mein Pilgertaxi in Gestalt meiner Frau und unseres Volvos.

Im September möchte ich dann als letzte Vorbereitung für den CF die letzten 4 Etappen bis nach Trier zurücklegen.

Und die Moral von der Geschicht? An Pilgerführern spart man nicht.

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